Gesundheitslandesrat Christopher Drexler (4.v.l.) mit JR-Geschäftsführer Wolfgang Pribyl (3.v.l.) und MUG-Vizerektorin Caroline Schober-Trummler (2.v.l.) mit den Alzheimer-Expertinnen und Experten der Projektpartner. Credit: JOANNEUM RESEARCH/Schwarzl
Aktuellen Schätzungen zufolge leben in Österreich 130.000 Personen mit Demenz. Aufgrund eines kontinuierlichen Altersanstiegs wird sich dieser Anteil bis 2050 verdoppeln. Eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen ist die adäquate Betreuung, speziell im eigenen Wohnumfeld. Alzheimer-Demenz gilt als unheilbar, große Pharmakonzerne haben in letzter Zeit sogar die Forschung an neuen Medikamenten eingestellt. Die Kombination von kognitiver, physischer und sozialer Aktivierung durch spielerische Ansätze verspricht ein erhebliches Erfolgspotenzial. Forscherinnen und Forscher von DIGITAL, dem Institut für Informations- und Kommunikationstechnologien, haben auf dem Gebiet der Demenzforschung eine einzigartige Referenzstudie initiiert: „multimodAAL“ ist ein internationales Leuchtturmprojekt und bildet mit der geballten Kompetenz aller Konsortialpartner einen Netzwerkknoten für Demenz in der Steiermark.
Für die Demenzforschung stellt diese große Referenzstudie ein bislang einzigartiges Novum dar, da erstmals Diagnostik mittels neurologischer Magnetresonanztomographie, pflegewissenschaftliche Untersuchungen und Tablet-basiertes aktivierendes Training zusammengeführt werden. Dies ist bisher in keiner einzigen Studie erfolgt. Dieses ambitionierte, dreijährige Projekt wird von JOANNEUM RESEARCH DIGITAL gemeinsam mit der Medizinischen Universität Graz (Univ.Klinik für Neurologie und Institut für Pflegewissenschaft), dem Österreichischen Roten Kreuz, dem Sozialverein Deutschlandsberg und HS&I Health System Intelligence e.U. durchgeführt.
Der steirische Gesundheits- und Pflegelandesrat Christopher Drexler betont: „Wir haben für die Steiermark auf der aufbauend bundesweiten Demenzstrategie ein breites Feld an Maßnahmen entwickelt, um Betroffenen einer Demenzerkrankung ein gutes Leben zu ermöglichen und ihre Angehörigen zu unterstützen. Mit dem Forschungsschwerpunkt „Active and Assisted Living“ wird an neuen zukunftsweisenden Methoden gearbeitet, Alzheimer-Demenz-Erkrankungen besser verstehen und Betroffenen das Leben mit ihrer Erkrankung erleichtern zu können. Die Steiermark als führendes Forschungs- und Entwicklungsland setzt damit international neue Maßstäbe in der Gesundheitsversorgung. Nicht umsonst sind wir ein Vorreiterland in Österreich, was digitale Gesundheits- und Pflege-Anwendungen zur Unterstützung der Patientinnen und Patienten sowie der Pflegebedürftigen angeht. Jede neue Erkenntnis, die das Leben mit Demenz verbessert, ist ein großer Erfolg für unsere Gesellschaft.“
Das Institut DIGITAL setzt einen Forschungsschwerpunkt im Bereich Active and Assisted Living (AAL) und Digitalisierung in der Pflege mit einem Fokus auf neurodegenerative Erkrankungen: Mit den methodischen Kompetenzen in den Bereichen „Serious Games“ für Menschen mit Demenz, Soziale Robotik, Human Factors Labor und Affective Computing ist das Institut führend in der Forschung und Entwicklung von neuen Lösungen für diese Erkrankung.
Maria Fellner, Projektleiterin, zu den Zielen des Projekts: „110 Personen im frühen Stadium der Alzheimer-Demenz nutzen über 18 Monate das abwechslungsreiche, Tablet-gestützteTraining zur geistigen und körperlichen Aktivierung gemeinsam mit ihrer Betreuung und zwischenzeitlich auch alleine. Mit Hilfe der zahlreichen begleitenden Untersuchungen wollen wir wissenschaftlich die Wirksamkeit dieser Intervention im Vergleich zu einer randomisierten ebenso großen Kontrollgruppe belegen. Gleichzeitig werden wir mit Hilfe der gewonnenen Daten neue Wege im Monitoring und in der Diagnostik dieser Krankheit beschreiten.“
Reinhold Schmidt, Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Graz, erklärt die Bedeutung dieser Studie: „Geistige Aktivität und Ausbildung, Einbindung in soziale Netzwerke, körperliche Fitness und Risikofaktormodifikation sind der Schlüssel für Prävention gegen die Alzheimer Erkrankung. Multimodale Trainingsprogramme, welche diese unterschiedlichen Domänen miteinbeziehen, sind ein Hoffnungsträger in der Alzheimertherapie. multimodAAL erprobt ein Tablet-basiertes Programm, welches für Training in häuslichem Umfeld geeignet ist und transferiert damit Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in die klinische Routine und in den häuslichen Alltag der Patienten. Das Projekt leistet Pionierarbeit bei der Evaluierung der Effektivität von komplexen Trainingsprogrammen zur Verbesserung kognitiver Leistungen von Alzheimer-Kranken.“
Das Institut für Pflegewissenschaft der Medizinischen Universität Graz baut mit diesem Projekt seinen Schwerpunkt im Bereich neue Technologien in der Pflege weiter aus und kann diese Erkenntnisse unmittelbar in die Praxis und in den neuen Universitätslehrgang „Demenz-Pflege“ einfließen lassen.
Der Sozialverein Deutschlandsberg konnte sich in den vergangenen Jahren als eine Anlaufstelle zum Thema Demenz etablieren. Die einzelnen Morbus Alzheimer Syndrom (M.A.S.)-Trainings sind speziell auf die Bedürfnisse der Menschen mit Demenz abgestimmt. Somit kann auf jeden Menschen individuell eingegangen werden. Abhängig vom Demenzstadium werden die Betroffenen ihren Fähigkeiten und Ressourcen entsprechend dort „abgeholt“, wo sie sich zurzeit befinden.
Auch das Rote Kreuz Steiermark ist wichtiger Ansprechpartner, Menschen mit dementiellen Beeinträchtigungen nicht nur bedarfsgerecht zu unterstützen, sondern ihre Fähigkeiten bestmöglich zu fördern. Durch gezieltes Training der vorhandenen Kompetenzen soll die persönliche Selbstständigkeit so lange wie möglich erhalten bleiben. Eine wichtige Rolle spielt der soziale Kontakt: In allen Angeboten des Roten Kreuzes stehen den Betroffenen kompetente berufliche und freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Seite. Diese durchlaufen regelmäßige Schulungen und pflegen so einen sensibilisierten, respektvollen und wertschätzenden Umgang mit Betroffenen und deren Angehörigen. Denn nicht die Krankheit steht im Mittelpunkt, sondern immer der Mensch selbst.
Begleitend zur Interventionsstudie wird die gesundheitsökonomische Perspektive durch Maria M. Hofmarcher-Holzhacker, einer international anerkannten Expertin, untersucht.
Mehr Informationen zum Projekt und zur Teilnahme an der Studie: www.multimodAAL.at
GEHIRNTRAINING mit Tablet-Computer, Interessierte können sich als Studienteilnehmer/innen melden: https://multimodaal.at/wie-verlaeuft-das-projekt/
multimodAAL – Spielgestützte multimodale Intervention, Monitoring und Decision Support zur Aktivierung bei Alzheimer-Demenz
Kontakt
DIin Silvia Russegger, MA
JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft mbH
DIGITAL – Institut für Digitale Technologien
Leonhardstraße 59,
A-8010 Graz, Austria
Tel.: +43 316 876 – 1185
E-Mail: office@multimodAAL.at
> Presseinformation vom 20.09.2019 <